Euro-Umstellung hat Auftragsbücher gefüllt

14. Oktober 2001

Frankfurt, 14. Okt. (Reuters) - Für die gesamte Wirtschaft lassen sich die Vorteile des Euro erst in einigen Jahren ermessen, doch einigen Branchen hat die neue Währung schon längst mehr Umsatz beschert. Der Wechsel zum Euro kostet Unternehmen und Staat Milliarden. Computer und Ladenkassen müssen mit dem Euro rechnen, Formulare neu gedruckt werden . Das Geld wird transportiert, gelagert, versichert und verpackt. In großen Unternehmen beschäftigen sich Stäbe von Mitarbeitern viele Monate mit den Vorbereitungen auf den Euro und vergaben dabei Aufträge an Berater und Zulieferer.
Als Umsatzträger hat sich der Euro zum Beispiel für die Unternehmensberater entpuppt. "In den vergangenen Jahren war der Euro neben der Jahr-2000-Umstellung ein wichtiger Bestandteil des Umsatzes im Beratungsgeschäft" sagt Klaus Reiners vom Bundesverband deutscher Unternehmensberater. Wie in anderen Branchen, die mit dem Euro Geld verdient haben dürften, lässt sich das aber schwer in Zahlen fassen. Vor allem auf Informationstechnologie spezialisierte Berater hätten eine Euro-Konjunktur erlebt und dafür zum Teil Personal rekrutiert. Bei einigen Großen hätten die Euro-Projekte sicher ein Fünftel, bei mittelgroßen Consultants bis zu 50 Prozent des Umsatzes ausgemacht. Im Einführungsjahr des Euro 1999 sei der Umsatz in der Branche mit 13,3 Prozent überdurchschnittlich gestiegen.
Mit Euro-Projektberatung beschäftigen sich Branchengrößen wie PriceWaterhouseCoopers, KPMG, Accenture und Cap Gemini. Aber auch Computerhersteller wie IBM bieten gegen Entgelt Euro-Rat an. Dafür wurde die Abteilung IBM Euro Practice geschaffen. Das Angebot umfasse die gesamte Spanne eines Euro-Projektes von der Betroffenheitsanalyse bis zur praktischen Hilfe bei der EDV-Umstellung, sagt Projektmanagerin Claudia Hildebrandt. Die ersten Unternehmen hätten bereits 1997 begonnen. Inzwischen habe IBM Hunderte von Projekten betreut. "Versicherungen und Banken waren die ersten, Handel und öffentliche Verwaltungen stellen erst spät um." Je nach Unternehmensgröße und Dauer des Projektes reiche der Aufwand von einigen 100.000 bis mehrere Millionen DM.
Auch Softwarehersteller haben dem Euro steigende Verkaufszahlen zu verdanken. So hat der Softwarehersteller SAP, dessen betriebswirtschaftliche Standard-Software 6800 Firmen und Verwaltungen in Europa nutzen, neue Kunden gewonnen. "Der ein oder andere hat den Euro sicher zum Anlass genommen, sich SAP anzuschaffen", sagt Hans-Joachim Würth Euro-Projektleiter von SAP. Wer bereits Kunde war, hat Zusatzprogramme im Rahmen seines Service-Vertrages unentgeltlich bekommen. Darüber hinaus bietet SAP kostenpflichtige euro- Beratungsdienste an. Der auf kleine und mittelständische Firmenspezialisierte Hersteller kaufmännischer Standardprogramme KHK Sage hat mit dem Euro kräftig die Werbetrommel gerührt und kostenlose Euro-Seminare veranstaltet. Mit der Resonanz sei KHK sehr zufrieden, sagte PR-Manager Harald Engelhardt. "wir haben Neukunden gewonnen, und Kunden mit Altsystemen haben sich Upgrades gekauft."
Allein der Einzelhandel schätzt die Kosten für die Umstellung von EDV-Systemen und Kassen auf drei Milliarden Mark bei Gesamtkosten von bis zu zehn Milliarden Mark. "Das hat den Zulieferern einen Schub gebracht, viele Händler haben sich neue Kassen angeschafft", sagt der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels Hubertus Pellengahr. Kassenhersteller haben allerdings noch keinen Ansturm der Kunden bemerkt. "ein Zusatzgeschäft gab es, aber keine Boom", sagt Lothar Wolf von Wincor-Nixdorf, deren Kassensysteme vor allem Großkunden haben. Vor allem Applikationen wie neue Programme hätten mehr Umsatz gebracht. Die Zahl der Kunden, die den Euro als Grund für Anschaffungen nannten, sei überschaubar.
Auch der Kassen-Produzent Vectron Systems AG führt nur einen geringen Teil des Neugeschäfts auf den Euro zurück. Vectron Manager Jochen Fischer schließt aber einen Nachfragesprung zum Jahresende nicht aus, wenn sich Bäcker zum Beispiel lieber doch eine neue Kasse anschaffen als im Januar mit dem Taschenrechner zu hantieren. Ein Umsatzplus von zehn bis 15 Prozent erhoffen sich die Taschenrechner-Hersteller.
Die Sparkassen schätzen ihre Euro-Einführungskosten auf knapp zwei Milliarden Mark. Etwa 30 Prozent davon entfielen auf Geldtransporte, sagt Reinhold Rickes vom Deutschen Sparkassen und Giroverband, Für die Geld-und Werttransporteure bedeutet das ein Umsatzplus von 20 Prozent oder 100 Millionen Mark. Viel zu tun hatten die Hersteller der kleinen Geldsäcke, die Banken und Sparkassen extra für das Einsammeln der D-Mark-Münzbestände brauchen. 40 Millionen Stück habe die Kreditwirtschaft bestellt. Der Bedarf an den sogenannten Safe Bags, die sonst nur für Firmenkunden gebraucht werden, sei jetzt allerdings für Jahre gedeckt, sagt Rickes.